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Lingualpfeife

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Skizzen zum 114. Psalm

Wenn die Natur im 9. Psalmton tanzt!

St. Laurentius Würzburg Heidingsfeld beim Psalmengebet am Abend des #LinguSpecialMeet


Der Text des 114. Psalms ist auf Anhieb nicht zu verstehen, denn er spielt auf Ereignisse der biblischen Überlieferung an, die man dazu im Hinterkopf haben muss. So heißt es im ersten Vers: „Als Israel aus Ägypten auszog…“ – so etwas wie das Datum, die Zeitangabe der Ereignisse, die der Psalm thematisiert. Dabei geht es um die Geschichte von Mose, der so lange mit dem Pharao in Ägypten verhandelt, bis sein Volk aus der Sklaverei in Ägypten entlassen wird. Im Buch Exodus wird erzählt, wie Mose die Hand über das Meer streckt und das Wasser zur Seite weicht, dass das Volk Israel trockenen Fußes hindurchschreiten kann. Und wie die Streitwagen Ägyptens nachsetzen und in den Fluten des Meeres zugrunde gehen, kaum, dass der letzte Israelit das andere Ufer erreicht hatte. Wir hören diese Lesung Jahr für Jahr in der Osternacht.

Der 114. Psalm besingt diese unbändige Freude und befragt rhetorisch sogar die einzelnen Zeugen der Natur: „Was ist mit dir, du Meer, dass du flüchtest“ – „ihr Berge und Hügel, dass ihr hüpft wie junge Lämmer? Man könnte meinen, die ganze Schöpfung tanzt vor Freude mit, weil die Mauern der Feindschaft und des Widerstands überwunden wurden durch Gottes Wirken. Musikalisch kommt das dadurch zum Ausdruck, dass wir den Psalm im 9. Ton singen, dem sogenannten „Tonus peregrinus, dem ‚fremden‘ Ton“. Allein die ungewöhnliche Melodieführung und der Wechsel des Haltetons bringen das musikalisch zum Ausdruck, weshalb wir diesen besonderen Ton nur für diesen besonderen Psalm verwenden.



Dass Gott im Spiel war mit seinem Segen, haben auch vor 30 Jahren viele Menschen so empfunden, als völlig friedlich am 9.11. die Mauer niedergerissen wurde, die fast drei Jahrzehnte unser Land geteilt, zahllose Familien zerrissen und viel Leid über die Menschen gebracht hat. Auch damals haben sich die Leute aus Ost und West gegenseitig umarmt und sprichwörtlich getanzt vor Freude.

Vielleicht auch ein Hoffnungszeichen für uns – gerade dann, wenn es in unserem Leben dunkel und wirr zugeht und wir zum Beispiel nicht wissen, wie wir aus völlig verhedderten und verfahrenen Situationen wieder hinauskommen sollen.

Wir bewegen uns nun langsam auf die Adventszeit zu. Da – und häufig auch in der Vesper – erklingt immer wieder das sogenannte „Magnificat“. Ein Text, den die schwangere Maria spricht, als sie ihrer ebenfalls schwangeren Cousine Elisabeth begegnet. Das ist der zweite Gesang, - diesmal aus dem Neuen Testament – den wir mit diesem ungewöhnlichen Psalmton singen. Denn unmittelbar davor heißt es: „Da hüpfte das Kind in ihrem Leib“. Vielleicht kann auch das ein Ausblick für uns sein, in tänzerischer Vorfreude auf dieses Weihnachtsfest zuzugehen.

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13.11.2019 - entstanden als Handreichung für eine Textauslegung







Veröffentlicht: 15.11.2019

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