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Lingualpfeife

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Predigt von Weihbischof Dr. Christian Würtz

#LinguSpecialMeet in Würzburg

Weihbischof Christian während des Pontifikalamts in Heidingsfeld


Predigt am 27. Sonntag im Jahreskreis/C in Würzburg-Heidingsfeld,
Pfarrei Zur Heiligen Familie, zum Abschluss des #LinguSpecialMeet

Lesung: 2 Tim 1, 6–8.13–14

Liebe Schwestern und Brüder im Glauben!
Jeder, der schon einmal an einem Holzfeuer saß, sei es an einem Ofen, sei es auf dem Zeltlager, kennt das: Am Anfang brennt es lichterloh, dann geht das Feuer zurück, es bleibt die Glut, um die sich immer mehr Asche bildet. Und dann gibt es zwei Möglichkeiten: Man legt wieder Holz auf und es brennt von Neuem – oder man lässt das Feuer ausgehen.



In der zweiten Lesung hat Paulus das Feuer als Bild auf die Gnade Gottes hin gedeutet, wenn er seinem Schüler Timotheus schreibt: Entfache die Gnade Gottes wieder. Hier scheint schon einmal ein loderndes, leuchtendes, wärmendes Feuer gebrannt zu haben, das jetzt aber – unter viel Asche – auf ein wenig Glut zusammengeschrumpft ist. Nun ist es an der Zeit, dieses Feuer der Gnade Gottes wieder neu zum Brennen und Leuchten zu bringen.
Es scheint mir, dass in den Worten des Paulus eine gewisse Enttäuschung über Timotheus mitschwingt. Der erste Eifer ist verflogen, der Alltag ist eingekehrt, der Glaube scheint nicht mehr an erster Stelle zu stehen. Es gibt zu viele andere Angebote, zu viel Abwechslung, zu viel scheinbar Schöneres und Einfacheres, dass der christliche Glaube und seine Weitergabe nach hinten gerückt sind. Das Feuer ist am Erlöschen.

Paulus belässt es freilich nicht bei mahnenden Worten, sondern ruft seinem Schüler ins Gedächtnis, dass Gott ihn in den schwierigen Situationen seines Lebens und seines Glaubens nicht im Stich lässt. „Denn Gott hat uns nicht einen Geist der Verzagtheit gegeben, sondern den Geist der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit.“ In diesem Geist kann auch er auf seinem Lebensweg mutig voranschreiten und an seinem Glauben trotz aller Schwierigkeiten festhalten.

Wenn wir ehrlich und nüchtern die Situation der Kirche und der zu ihr Gehörenden heute in Deutschland ansehen, müssen wir feststellen, dass da auch nicht unbedingt ein loderndes, leuchtendes und wärmendes Feuer zu sehen ist. Es gibt viel Asche, die das Zeugnis des Glaubens überlagert und verdunkelt. Gelingt es, das Feuer wieder neu zu entfachen?



Denn wenn wir heute in der Lesung diesen Text vorgelegt bekommen, ruft auch uns Paulus zu: „Entfache die Gnade Gottes wieder, schäme dich nicht des Zeugnisses für den Herrn, halte fest, was du von mir gehört hast! Bewahre das dir anvertraute kostbare Gut!“ Wie kann das gelingen, dass das Feuer wieder brennt, dass das Evangelium, die Frohe Botschaft zu den Menschen gelangt?

Ein konkretes Beispiel dafür möchte ich Ihnen nun vorstellen. Ein Holzscheit, um im Bild des Feuers zu bleiben, hat nämlich seinen Ursprung hier in Heidingsfeld. Lassen Sie mich kurz erzählen, wie ich darauf aufmerksam wurde und zu ihm kam.

Es war wohl im Jahr 2014. Im Jahr zuvor war das neue Gotteslob offiziell eingeführt worden. Nun stand ich immer wieder vor der Aufgabe, ein neues Liedprogramm zusammenzustellen. Ich wollte ja nun nicht einfach auf die Lieder, die schon im alten Gotteslob waren, zurückgreifen. Dann hätte es ja gar kein Neues gebraucht. Aber ich bin nun leider nicht so musikalisch, dass ich bei einem Blick auf die Noten schon erkennen kann, ob das Lied für die Gemeinde singbar ist oder nicht.

Aber das Internet kann einem auch dabei helfen. Also gab ich die Titelzeile der Lieder ein, die mich interessierten. Und siehe da: Ich landete bei YouTube immer wieder und immer häufiger auf dem Kanal „Lingualpfeife“. Dort fand ich das Gewünschte. Da saß ein junger Mann auf seinem Orgelbock und spielte genau die Lieder, die mich interessierten. Das war mir eine große Hilfe.
Schnell war mir dann auch klar, dass hinter dieser Lingualpfeife eine konkrete Person steckt, nämlich Ludwig Martin Jetschke, den Sie ja alle als einen kennen, der hier immer wieder die Orgel spielt und aus Ihrer Pfarreiengemeinschaft stammt.

Und wenn man dann mal auf so einer Seite gelandet ist, schaut man sich ja noch etwas um, will man mehr wissen, was es mit diesem Angebot auf sich hat. Und da entdeckte ich noch manch anderes. Ich merkte, es geht hier nicht nur um Musik, sondern auch um Liturgie und Theologie und ganz konkrete Seelsorge.

Da stieß auf Videos über die orthodoxe Kirche und Liturgie, da gab es Tutorials – Lehrvideos – über die Musiktheorie, da fand ich dann auch – passend zur jeweiligen liturgischen Jahreszeit – Einführungsbeiträge über das neue Gotteslob, wann sich welches Lied besonders eignet. Und es gab Chats, Livegespräche, bei denen sich Zuschauer mit Ludwig Jetschke unterhalten konnten – im wahrsten Sinne des Wortes über Gott und die Welt. Gerade hier spürte ich, wie manches Mal auch das Feuer des Glaubens neu entfacht wurde.



Ich möchte Sie jetzt nicht mit allen Schritten, die ich mit dem Kanal „Lingualpfeife“ machte, langweilen und einen Sprung machen in die Gegenwart. Aus dem Ein-Mann-Projekt ist dank eines Unterstützerkreises mittlerweile eine große Community geworden. Was sich im letzten Jahr alles entwickelt hat, darüber kann ich nur immer wieder dankbar staunen. Wobei ich gestehen muss, dass ich da nur einen Bruchteil von allem mitbekommen habe.

Da wird das Stundengebet in Gemeinschaft online gebetet, da werden Gebetsanliegen geäußert und dann aufgegriffen, da gibt es eine WhatsApp-Gemeinde, da wird auf Skype zusammen gebetet und sich ausgetauscht, da kann ich als Pfarrer oder Kirchenmusiker Liedpläne für den Sonntagsgottesdienst herunterladen, da gibt es, auch durch einen Pfarrer, die Möglichkeit seelsorgerlicher Gespräche und Kontakte. Wenn man so will, wird hier das Internet als pastoraler Raum in Besitz genommen, wird eine neue Pfarrei gebildet. Das ist echte Pionierarbeit.

Es ist gut, dass es diese Arbeit gibt. Und es freut mich riesig, dass sie Früchte bringt, dass sich viele dieser Gemeinschaft innerhalb der Kirche anschließen. Aus einem kleinen Senfkorn ist, wenn ich dieses biblische Bild bemühen darf, ein großer Baum geworden, bei dem allerdings noch lange nicht absehbar ist, wie groß er noch werden wird.

Ich selbst war bis vor Kurzem vor allem stiller Beobachter und Nutznießer all dieser Aktivitäten, habe mir die Videos angeschaut, bin auf Instagram der Lingualpfeife selbst und der LinguRedaktion gefolgt. Aber als mich vor fünf Monaten dann Ludwig Jetschke nach meiner Ernennung zum Weihbischof kontaktierte, bin ich doch schnell von einem bloßen Zuschauer zu einem kleinen Mitspieler geworden, nicht zuletzt deshalb, weil er meine Weihe live im Internet kommentierte.

So bin auch ich ein Beispiel, dass aus online irgendwann offline werden kann, will sagen: Aus der nur einseitigen Beziehung in der Anonymität des Internets ist bei mir die Begegnung, Beziehung und Freundschaft mit ganz realen Menschen geworden. Ich bin dabei bei Leibe kein Einzelfall. Und gerade der heutige Tag, an dem sich viele, die sich über das Netz kennen, nun in der Realität begegnet sind, zeigt das ja, dass aus online offline werden kann.
Es ist daher für mich heute ein freudiger Tag, dass ich viele engagierte Mitchristen kennenlernen durfte, bei denen das Feuer des Glaubens brennt. Es ist mir ein Bedürfnis und mit ein Grund, weswegen ich heute vor Ihnen stehe, Ihnen von der Community und vor allem auch Dir, lieber Ludwig, zu danken für all den Einsatz für die Ausbreitung des Evangeliums. Und ich tue das bewusst nicht nur als Privatperson, sondern auch als Bischof.



Sie haben bei vielen die Gnade Gottes wieder entfacht, Sie haben mit großer Leidenschaft und Engagement die Glut des Glaubens wieder zu einem leuchtenden und wärmenden Feuer gemacht. Sie haben den Geist der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit wirken lassen. Sie haben begonnen, das Internet in Pionierarbeit als einen pastoralen Raum zu erschließen. Sie haben Christus bezeugt und den Glauben weitergeben.

Dabei haben Sie ganz sicher weit mehr Menschen, als Sie sich ausmalen können, berührt. Solange es solche Projekte und Aktivitäten gibt, ist mir um die Kirche und den Glauben nicht bange. Herzlichen Dank und Vergelt’s Gott für all den Einsatz und das Glaubenszeugnis.

Wir alle müssen immer wieder schauen: Wo bin ich lau geworden, wo ist bei mir mehr Asche als Feuer, wie kann ich die Gnade Gottes neu entfachen? Es gibt dafür viele Möglichkeiten: Eine ist sicherlich die konkrete Gemeinde vor Ort, eine andere die Vernetzung über das Internet, wieder eine andere, dass wir uns – wie jetzt – zum gemeinsamen Gottesdienst um Jesus Christus versammeln, der für uns leuchtendes, wärmendes Feuer sein will.

An Sie, liebe Mitchristen von Heidingsfeld, habe ich zuletzt noch eine Bitte: Begleiten Sie die Aktivitäten der Community, auch wenn Ihnen das Internet vielleicht nicht so vertraut ist, wie den jungen Menschen, mit Ihrem Wohlwollen und vor allem auch mit Ihrem Gebet, damit die Gnade weiter entfacht wird und unser Glaube leuchtet, damit Christus zu vielen Menschen, gerade auch den jungen, kommen kann, ja, dass sein Reich komme, dass es immer mehr Wirklichkeit wird.
Amen.




Veröffentlicht: 09.10.2019

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