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Kirchenmusik(er) und Ökumene - eine Standortbestimmung
Niederschrift von V-Log 3 (23.01.2016)
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Niederschrift des Videoblogs vom 23.01.2016:
„Herr, gibt uns die Einheit wieder, schenke deiner Gnade Gut, denn für alle deine Kinder floss am Kreuz dein teures Blut. […] Führ zusammen, die dich preisen, Christus, Gott, von Ewigkeit. Du nur kannst den Weg uns weisen zur geeinten Christenheit“.
Am Ende der Weltgebetswoche um die Einheit der Christen möchte ich einmal eine kleine Standortbestimmung vornehmen und explizit als Kirchenmusiker fragen: Was ist eigentlich unser Job, unsere Aufgabe, um an dieser Einheit der Kirche Gottes mitzuwirken?
Da lohnt es sich als erstes einmal darüber nachzudenken, was die Kirchenmusik überhaupt für eine Funktion in dem großen Ganzen hat. Unsere Aufgabe ist es nicht, große Reden zu schwingen und irgendwelche theologischen Traktate auszuformulieren. Auch übrigens nicht, irgendwelche großen Forderungskataloge an wen auch immer zu richten. Unsere Aufgabe ist es stattdessen, die Herzen der Menschen zu berühren. Und um genau da anzusetzen, ist dann die Frage: Was kann Kirchenmusik leisten, um die Menschen zusammenzubringen und zu diesem einen Gott zu führen?
Dass die Kirche in katholisch und evangelisch gespalten ist, das wissen wir alle sowieso. Hier tun wir uns auch relativ leicht, denn wir haben eine gemeinsame Kultur, gemeinsame Wurzeln; einen gemeinsamen Kulturbereich, der zum Beispiel in den letzten Jahrhunderten völlig selbstverständlich dazu beigetragen hat, dass das ein- oder andere Liedgut von der einen Seite auf die andere Seite geschwappt ist und zurück.
Es gibt aber noch eine weitaus ältere Spaltung, nämlich die zwischen Katholiken und Orthodoxen! Hier drehen sich die Probleme gewissermaßen auf den Kopf, denn theologisch sind wir gar nicht sonderlich weit auseinander, aber kulturell gilt es hier sehr viel zu vermitteln.
Was kann man also tun – gerade auch als Kirchenmusiker?
Sicherlich in erster Linie auch für andere Kulturen, das ist ja momentan auch in Westeuropa besonders aktuell, für unsere Sache einzustehen und nach außen hin einfach zu zeigen, was wir machen, wie wir singen, wie wir feiern, wie wir glauben.
Aber selbst, wenn wir wieder in den katholisch-evangelischen Bereich zurückgehen, kann man keineswegs davon reden, dass wir uns alle so super gegenseitig kennen und verstehen würden, dass es nichts mehr zu tun gäbe! Hier bietet sich wieder eine wunderbare Gelegenheit, bei der Musik anzuknüpfen. Ja, es ist für uns selbstverständlich, zum Beispiel gemeinsam das Weihnachtsoratorium aufzuführen, diverse Orgelstücke zu spielen von Pachelbel bis Reger und uns an unserer gemeinsamen Musik zu erfreuen und das hat auch seine Berechtigung.
Aber kommen wir noch einmal zurück zur Situation vor Ort, die ja vor allem von der katholisch-evangelischen Ökumene geprägt ist. Es ist ja zum Beispiel kein Geheimnis, dass viele Kirchenchöre unter einem starken Mitgliederschwund leiden und manchmal gar nicht mehr aufführungsfähig sind. Hier bietet es sich zum Beispiel an, einfach einmal den Blick über den Tellerrand hinaus zu werfen, und einmal in der jeweils anderen Nachbargemeinde zu schauen, was dort musikalisch los ist. Denn es ist wunderbar unverfänglich möglich, gemeinsam Dinge aufzuführen, gemeinsam auch Gottesdienste zu gestalten und sich gegenseitig zu besuchen. In Heidingsfeld, bei mir vor Ort haben wir das angefangen und es erweist sich als äußerst fruchtbar.
Am 8. Dezember 2015 hat ja das von Papst Franziskus begonnene „Heilige Jahr“ angefangen und allerorten wurden sogenannte „Heilige Pforten“ geöffnet. Kaum ein Kirchenmusiker, der wahrscheinlich nicht gedacht hat: „Mensch, da gibt es ein super Lied!“
„Tut mir auf die schöne Pforte, führt in Gottes Haus mich ein. Ach, wie wird an diesem Orte meine Seele fröhlich sein. Hier ist Gottes Angesicht, hier ist lauter Trost und Licht.“
Schade! Ein Lied aus der Partei des „falschen“ Gesangbuchs, so angeblich.
Wie wohl hat es mir doch dann getan, als ich einen Blick in das Kölner Gotteslob geworfen habe, als ich unter der Nummer 833 genau das Lied gefunden habe, das ich am Anfang zitiert habe:
„Herr, gibt uns die Einheit wieder, schenke deiner Gnade Gut, denn für alle deine Kinder floss am Kreuz dein teures Blut.“
Ja, und man hat genau diese Melodie dazu verwendet, die in unseren Bereichen völlig unbekannt ist, aber eigentlich zur Situation momentan doch so wunderbar passen würde. Ich möchte also an dieser Stelle in erster Linie dazu einladen, einmal als Geschenk einfach anzunehmen, was uns doch schon längst gegeben ist. Wie viel wir gemeinsam längst eigentlich tun und praktizieren können!
Dann mag man sich zwar immer noch über diverse Forderungskataloge echauffieren und vielleicht darüber aufregen, dass das ein- oder andere so scheinbar überhaupt nicht vorankommt. Aber beginnen wir doch einmal an der Basis mit dem, was wir problemlos leisten können und doch so oft nicht tun, weil der andere wieder scheinbar so weit weg ist.
Es ist doch gar nicht so schwer! Auch bei mir stehen über meinen Tellerrand hinaus, über das Bistum Würzburg noch die Gotteslobe anderer Bistümer, vor allem aber auch zum Beispiel das Evangelische Gesangbuch oder das Chorbuch, das in deutscher Sprache in der orthodoxen Liturgie verwendet wird. Außerdem befindet sich hier zum Beispiel auch noch ein Buch mit Anglikanischen „Christmas Carols“. Also auch der Blick nach England lohnt sich gerade unter musikalischer Perspektive. Und diesen Blick zu weiten, trägt doch dazu bei, dass man aus den eigenen Bahnen herausgelenkt wird, neue Blickwinkel einnehmen kann und so auf emotionaler, musikalischer und affektiver Ebene letztlich sehr viel Gutes tun kann an der Verwirklichung der Einheit Gottes.
Denn am Ende ist es Gott selber, der diese Einheit vollbringen wird. Und da sollen wir im Gebet vereint verbunden sein.
In diesem Sinne: „Dass alle eins sein“, lasset uns beten.
Amen. Und Danke.
„Herr, gibt uns die Einheit wieder, schenke deiner Gnade Gut, denn für alle deine Kinder floss am Kreuz dein teures Blut. […] Führ zusammen, die dich preisen, Christus, Gott, von Ewigkeit. Du nur kannst den Weg uns weisen zur geeinten Christenheit“.
Am Ende der Weltgebetswoche um die Einheit der Christen möchte ich einmal eine kleine Standortbestimmung vornehmen und explizit als Kirchenmusiker fragen: Was ist eigentlich unser Job, unsere Aufgabe, um an dieser Einheit der Kirche Gottes mitzuwirken?
Da lohnt es sich als erstes einmal darüber nachzudenken, was die Kirchenmusik überhaupt für eine Funktion in dem großen Ganzen hat. Unsere Aufgabe ist es nicht, große Reden zu schwingen und irgendwelche theologischen Traktate auszuformulieren. Auch übrigens nicht, irgendwelche großen Forderungskataloge an wen auch immer zu richten. Unsere Aufgabe ist es stattdessen, die Herzen der Menschen zu berühren. Und um genau da anzusetzen, ist dann die Frage: Was kann Kirchenmusik leisten, um die Menschen zusammenzubringen und zu diesem einen Gott zu führen?
Dass die Kirche in katholisch und evangelisch gespalten ist, das wissen wir alle sowieso. Hier tun wir uns auch relativ leicht, denn wir haben eine gemeinsame Kultur, gemeinsame Wurzeln; einen gemeinsamen Kulturbereich, der zum Beispiel in den letzten Jahrhunderten völlig selbstverständlich dazu beigetragen hat, dass das ein- oder andere Liedgut von der einen Seite auf die andere Seite geschwappt ist und zurück.
Es gibt aber noch eine weitaus ältere Spaltung, nämlich die zwischen Katholiken und Orthodoxen! Hier drehen sich die Probleme gewissermaßen auf den Kopf, denn theologisch sind wir gar nicht sonderlich weit auseinander, aber kulturell gilt es hier sehr viel zu vermitteln.
Was kann man also tun – gerade auch als Kirchenmusiker?
Sicherlich in erster Linie auch für andere Kulturen, das ist ja momentan auch in Westeuropa besonders aktuell, für unsere Sache einzustehen und nach außen hin einfach zu zeigen, was wir machen, wie wir singen, wie wir feiern, wie wir glauben.
Aber selbst, wenn wir wieder in den katholisch-evangelischen Bereich zurückgehen, kann man keineswegs davon reden, dass wir uns alle so super gegenseitig kennen und verstehen würden, dass es nichts mehr zu tun gäbe! Hier bietet sich wieder eine wunderbare Gelegenheit, bei der Musik anzuknüpfen. Ja, es ist für uns selbstverständlich, zum Beispiel gemeinsam das Weihnachtsoratorium aufzuführen, diverse Orgelstücke zu spielen von Pachelbel bis Reger und uns an unserer gemeinsamen Musik zu erfreuen und das hat auch seine Berechtigung.
Aber kommen wir noch einmal zurück zur Situation vor Ort, die ja vor allem von der katholisch-evangelischen Ökumene geprägt ist. Es ist ja zum Beispiel kein Geheimnis, dass viele Kirchenchöre unter einem starken Mitgliederschwund leiden und manchmal gar nicht mehr aufführungsfähig sind. Hier bietet es sich zum Beispiel an, einfach einmal den Blick über den Tellerrand hinaus zu werfen, und einmal in der jeweils anderen Nachbargemeinde zu schauen, was dort musikalisch los ist. Denn es ist wunderbar unverfänglich möglich, gemeinsam Dinge aufzuführen, gemeinsam auch Gottesdienste zu gestalten und sich gegenseitig zu besuchen. In Heidingsfeld, bei mir vor Ort haben wir das angefangen und es erweist sich als äußerst fruchtbar.
Am 8. Dezember 2015 hat ja das von Papst Franziskus begonnene „Heilige Jahr“ angefangen und allerorten wurden sogenannte „Heilige Pforten“ geöffnet. Kaum ein Kirchenmusiker, der wahrscheinlich nicht gedacht hat: „Mensch, da gibt es ein super Lied!“
„Tut mir auf die schöne Pforte, führt in Gottes Haus mich ein. Ach, wie wird an diesem Orte meine Seele fröhlich sein. Hier ist Gottes Angesicht, hier ist lauter Trost und Licht.“
Schade! Ein Lied aus der Partei des „falschen“ Gesangbuchs, so angeblich.
Wie wohl hat es mir doch dann getan, als ich einen Blick in das Kölner Gotteslob geworfen habe, als ich unter der Nummer 833 genau das Lied gefunden habe, das ich am Anfang zitiert habe:
„Herr, gibt uns die Einheit wieder, schenke deiner Gnade Gut, denn für alle deine Kinder floss am Kreuz dein teures Blut.“
Ja, und man hat genau diese Melodie dazu verwendet, die in unseren Bereichen völlig unbekannt ist, aber eigentlich zur Situation momentan doch so wunderbar passen würde. Ich möchte also an dieser Stelle in erster Linie dazu einladen, einmal als Geschenk einfach anzunehmen, was uns doch schon längst gegeben ist. Wie viel wir gemeinsam längst eigentlich tun und praktizieren können!
Dann mag man sich zwar immer noch über diverse Forderungskataloge echauffieren und vielleicht darüber aufregen, dass das ein- oder andere so scheinbar überhaupt nicht vorankommt. Aber beginnen wir doch einmal an der Basis mit dem, was wir problemlos leisten können und doch so oft nicht tun, weil der andere wieder scheinbar so weit weg ist.
Es ist doch gar nicht so schwer! Auch bei mir stehen über meinen Tellerrand hinaus, über das Bistum Würzburg noch die Gotteslobe anderer Bistümer, vor allem aber auch zum Beispiel das Evangelische Gesangbuch oder das Chorbuch, das in deutscher Sprache in der orthodoxen Liturgie verwendet wird. Außerdem befindet sich hier zum Beispiel auch noch ein Buch mit Anglikanischen „Christmas Carols“. Also auch der Blick nach England lohnt sich gerade unter musikalischer Perspektive. Und diesen Blick zu weiten, trägt doch dazu bei, dass man aus den eigenen Bahnen herausgelenkt wird, neue Blickwinkel einnehmen kann und so auf emotionaler, musikalischer und affektiver Ebene letztlich sehr viel Gutes tun kann an der Verwirklichung der Einheit Gottes.
Denn am Ende ist es Gott selber, der diese Einheit vollbringen wird. Und da sollen wir im Gebet vereint verbunden sein.
In diesem Sinne: „Dass alle eins sein“, lasset uns beten.
Amen. Und Danke.
Veröffentlicht: 31.10.2018